Verantwortung
Mit FAIRTRADE in den Ursprung

Kaffeereise nach Tansania

Zusammen mit unserem langjährigen Partner FAIRTRADE Österreich reisten mein Kollege Walter und ich Ende August nach Tansania. Mit dabei waren weitere FAIRTRADE Mitgliedsunternehmen und wahnsinnig wertvoll – auch FAIRTRADE Afrika. Ich werde euch also heute von der Reise berichten und mit in den Kaffeeursprung nehmen. Wie viel ist Kaffee wert? Welche Bedeutung hat der Anbau und die Verarbeitung in Tansania? Was tun Bananen und Asche Gutes?

Die Eindrücke sind überwältigend, unser Kernprodukt Kaffee so nah zu erleben. Schnell wird klar, wie viel Aufwand in unserer heiß geliebten Tasse Kaffee steckt. In den folgenden Tagen lernten wir jeden Schritt der Wertschöpfungskette kennen, und zwar direkt von den Farmer*innen, bei der Aufzuchtstation für junge Kaffeepflanzen, vom Verantwortlichen der sogenannten First – und Second Grade Processing Factory, eben von jenen, die das Handwerk kennen und ausüben. Die Erfahrung und die Leidenschaft für Kaffee waren deutlich spürbar. Wir kennen die Arbeitsschritte und doch betrachte ich jede Tasse Kaffee seither anders.

Aufwendige Handarbeit

Kaffeekirschen sind nicht alle gleichzeitig reif. Während der Ernte gibt es mehrere Durchgänge, um die reifen roten Kirschen in Handarbeit zu ernten. Ein paar Tage später sind schon wieder neue rot, die gepflückt werden. Insgesamt sind es übrigens 1.500 Kaffeekirschen, in jeder zwei Kaffeebohnen, die per Hand gepflückt werden, damit wir 500 g Kaffee kaufen können.

Diversität bereichert

Zwei Kaffeesorten sind bei uns am Markt bekannt, Robusta und Arabica. Den Anbau und die Verarbeitung von Robusta Kaffee konnten wir uns auf der KCU Kooperative in Bukoba, gelegen am Viktoria-See, anschauen. Der Kaffee der FAIRTRADE-Farm wächst in Mischkultur zusammen mit Bananenstauden, die dem Kaffee Schatten spenden und dem Boden Nährstoffe zurückgeben. Der Kontrast konnte nicht stärker sein zum direkt gegenüberliegenden Feld, auf dem karge Kaffeesträucher in konventionellen Anbau mit wenig Ertrag einen verwahrlosten Eindruck machten.

Welche Relevanz Dünger für die Fruchtbarkeit und den Ertrag hat, kommt bei den Tests auf der Nursery gut heraus. Kein Dünger ergibt kleine Pflanzen, nach drei Jahren kaum Ertrag. Asche als natürlicher Dünger bringt kräftige Kaffeepflanzen hervor, die bereits nach zwei Jahren Kaffeekirschen tragen. Der Verantwortliche der Baumschule ist studierter Agraringenieur, der mit voller Leidenschaft berichtet. Er zeigt uns, dass ein Stück eines Kaffeestrauchs die nächste Pflanze hervorbringt: Abgeschnitten und in ein Beet verschiedener Erd-Schichten gesetzt, bekommt diese nach drei Wochen erste Wurzeln. Sie kann dort geschützt größer wachsen und als kräftiger Setzling kostenfrei von den Farmer*innen übernommen werden. Das ist ein sehr schönes Beispiel für ein Projekt, das sich aus FAIRTRADE-Prämien finanziert. Welche Projekte umgesetzt werden, entscheiden die an Kaffeeanbau und -verarbeitung beteiligten Personen demokratisch in der jährlichen Versammlung der Kooperative. Den hohen Stellenwert von Fairtrade spürt man entlang der gesamten Wertschöpfungskette.

Wasser war da und jetzt auch das Wassermanagement

Nach den ersten Tagen im Norden Tansanias, wo Robusta Kaffee wächst, ging es nun in Arabica Gefilde zum Kilimandscharo. Dort besuchten wir die Machare Farm, die seit Jahrzehnten von Bente geführt wird. Wasser ist in Staatsbesitz, doch die Infrastruktur war komplett veraltet und daher hatten die Menschen kein fließend Wasser. Bente`s großer Erfolg ist das ausgezeichnete Wassermanagement: das Wasser wird beim Anbau und der Verarbeitung des sogenannten Washed Coffee verwendet. Darüber hinaus hat jedes Haus im Village einen Wasseranschluss - eine echte Besonderheit!

Auch deswegen ist die Vegetation so üppig grün. Joseph von der Farm berichtet uns, dass die Kleinbauern und -bäuerinnen am Kilimandscharo ganz besondere Gärten haben, in denen in 5 Wachstumszonen gewirtschaftet wird. Große Bäume (auch Avocados darunter), Bananenstauden, Kaffeesträucher, kleinwüchsiges Obst sowie Gemüse, und dann noch die Knollen und Wurzeln unter der Erde. Jedes Zuhause hat seinen eigenen Kaffee angebaut und Obst sowie Gemüse zur Selbstversorgung. Die Familien sind also selbst Kaffeefarmerinnen. Den Kaffee nimmt ihnen die Kooperative – die Bente gegründet hat - ab, dort bekommen sie mindestens doppelt so viel für ihren Kaffee als anderswo. Und die Farmerinnen arbeiten zudem - vorwiegend saisonal - bei der Machare Farm zum Beispiel als Erntehelferinnen mit. Durch leistungsorientierte Entlohnung können die Erntehelferinnen ihr Einkommen mit entsprechender Erfahrung beim Pflücken nach oben schrauben. Ist die Ernte mal geringer, können die Pflückerinnen tatsächlich selbst entscheiden, ob sie leistungsorientiert gezahlt werden wollen oder lieber mit einem Fixum.

Meine persönlichen Highlights

  • Die Gastfreundschaft der Tansanier*innen und wie kompetent & sympathisch wir in die Themen geholt wurden.
  • Wir durften uns gewissermaßen verewigen und haben einen Baum gepflanzt.
  • Der Austausch innerhalb der Reisegruppe – verschiedene Perspektiven trafen sich auf wertschätzende Art.
  • Und eine Erkenntnis habe ich eingepackt: Wenn man den richtigen Hebel findet, kann man viel bewegen. Klingt banal, aber geben wir immer unser Bestes unser Gegenüber richtig zu verstehen? Nur mal so zum Nachdenken.

Das war ein echter Deep Dive in den Kaffeeanbau und die afrikanische Kultur. Durch die Gespräche, durchs Beobachten und den Perspektivwechsel bekommt man einen Einblick, wie der Alltag im Kaffeeursprung aussieht, was wirklich zählt. Ich kehre wertschätzend, dankbar und demütig nachhause. Und ich nehme das Gefühl mit, dass der direkte Austausch, die Nähe zum Ursprung essenziell wichtig ist, um Impact zu erzielen. Ganz sicher ist, dass wir noch viel tun müssen, aber - und das ist entscheidend - wir haben vor vielen Jahren den richtigen Weg eingeschlagen.