Geht doch! Jeans mit recycelter Baumwolle
Wie viele Kleidungsstücke habt ihr im Schrank? Wie viele aus Baumwolle – der beliebtesten Naturfaser der Welt? Alle lieben Baumwolle, aber ihr Anbau ist sehr ressourcenintensiv.
Deswegen haben wir in den vergangenen zehn Jahren alles daran gesetzt, unser Sortiment komplett auf Bio-Baumwolle umzustellen. Und wirklich: zu 97 Prozent ist uns das mittlerweile gelungen! Unsere Baumwoll-Textilien kommen fast gänzlich ohne künstliche Pestizide und Düngemittel sowie gentechnisch verändertes Saatgut aus. Nun gehen wir noch einen Schritt weiter und nutzen recycelte Baumwolle! Ab heute (8. Februar) findet ihr die ersten wunderbaren Kleidungsstücke, unter anderem eine Jeans und einen Jeansrock, mit recycelten Fasern. Auch recycelte Cashmere-Fasern sind dabei. Unsere Faser-Expertin Cristina Graack hat mir erklärt, wie das Recycling funktioniert, wo die Grenzen liegen und wo wir noch hinwollen:
Cristina, wir haben schon länger Polyester aus PET-Flaschen im Einsatz, genau wie recyceltes Kaschmir. Warum kommt die recycelte Baumwolle jetzt erst dazu?
Die Gründe hierfür sind vielschichtig. Wir beschäftigen uns schon länger mit dem Thema und den damit verbundenen Herausforderungen. Grundsätzlich sind Altkleider als Rohstoff noch immer in der Aufbereitung die größte Herausforderung und somit nicht in großen Mengen verfügbar. Das liegt daran, dass der größte Anteil der Altkleider aus noch nicht ausreichend recyclingfähigen Materialmischungen besteht und somit zur Zeit noch nicht wiederverwendet werden kann. Nur ein geringer Anteil (ca. 1%) der Altkleider wird zu neuen Fasern verarbeitet. Zusätzlich befinden sich die Recyclingprozesse noch in der Weiterentwicklung, oftmals sind die Qualitäten schlechter und für Bekleidung nicht geeignet (diese werden häufig für Putzlappen und Dämmstoffe genutzt). Alternativ gibt es noch die Nutzung von Produktionsabfällen, welche gesammelt und recycelt werden. Dies sind bei unseren Lieferanten neue logistische Herausforderungen, welche gelöst werden mussten.
Wie garantieren wir das jetzt?
Wir haben uns dafür entschieden, wo es möglich ist, recycelte Baumwolle aus Produktionsresten zu verwenden. Wir setzen auf zertifizierte Garne, um die Herkunft des Rohstoffs zu kontrollieren. Als Teil der Bekleidungsindustrie ist es unser Ziel, unsere Produkte kreislauffähiger zu gestalten – und dieser Weg geht auch über Recycling.
Wie funktioniert denn das Recycling überhaupt?
Die Aufbereitung funktioniert mechanisch, so wie übrigens auch bei Kaschmir. Dafür werden die alten Textilien oder die Produktionsreste nach Farben sortiert, gereinigt und anschließend in möglichst kleine Fasern zerteilt. Diese Fasern werden dann zu neuem Garn versponnen. Das spart im Vergleich zu Frischfasern Wasser, Pestizide, Rohstoffe, Anbauflächen und Energie. Idealerweise sollten wir alle für mehr Nachhaltigkeit unsere Kleidungsstücke daher so lange wie möglich tragen – und alternativ upcyceln.
Apropos lange tragen, bist du zufrieden mit der Qualität der recycelten Baumwolle?
Recycelte Baumwolle hat die gleichen guten Trageeigenschaften wie neue Baumwolle – man sieht und fühlt oftmals keinen Unterschied. Allerdings sind die Fasern durch den Recylingprozess kürzer und haben eine unregelmäßigere Oberfläche, etwa so, wie man sie vom „used look“ kennt. Das liegt daran, dass die Fasern durch das Zerkleinern spröde werden. Deshalb gibt es aktuell wenige Produkte, die zu 100% aus recycelter Baumwolle bestehen. Momentan werden in der Textilindustrie meist neue und wieder aufbereitete Baumwollfasern gemischt – auch wir machen das so. Recycelte Baumwolle ist aber nicht auf die Textilindustrie begrenzt, sie kann zum Beispiel auch in der Papierindustrie eingesetzt werden. Generell bin ich optimistisch: Es wird bereits an neuen Technologien gearbeitet, um den Aufbereitungsprozess von Baumwolle zu optimieren, damit man sie zu 100 % wiederverwenden kann. Erste Produkte gibt es schon. Und es gibt auch erste Projekte, die zeigen, dass zukünftig auch Mischgewebe getrennt und dann wiederverwendet werden kann.
Warum ist der Einsatz von recycelten Fasern so wichtig für Tchibo?
Werden Baumwollfasern recycelt und nicht frisch produziert spart das nicht nur Wasser, Pestizide, Düngemittel und Energie, sondern auch wertvolle Flächen. Die Zerstörung von Lebensräumen und eine veränderte Landnutzung, wie wir sie beispielsweise bei intensiver Landwirtschaft sehen, aber auch der fortschreitende Klimawandel und die Verschmutzung von Gewässern und Böden spielen eine maßgebliche Rolle beim globalen Rückgang der biologischen Vielfalt. Ein Teil unserer Umweltstrategie ist es deshalb ganz gezielt auf recycelte Fasern zu setzen und somit den negativen Einfluss in den Anbauregionen und die dortigen Lebensräume zu reduzieren.
Danke Cristina für das Gespräch.