#78 Salz statt Zucker in den Kaffee?
Wie bitte? Wer schüttet sich denn Salz in den Kaffee? Antwort: Hunderte Menschen auf TikTok. Und nein, sie haben nicht den Zuckerstreuer verwechselt. Das ist Absicht. Laut den TikTok-Usern soll Salz im Kaffee die Bitterstoffe neutralisieren. Aber was steckt dahinter? In der neuen Folge „5 Tassen täglich“ hat Tchibo Coffee Sprecherin Karina Schneider bei unserem Lieblingskaffeewissenschaftler Dr. Gerhard Bytof mal nachgefragt.
Für den ist Salz im Kaffee nichts Neues: „Dass in Wasser gelöstes Koffein weniger bitter ist, wenn man eine bestimmte Menge Kochsalz, also Natriumchlorid, dazugibt, haben Breslin und Beachamp schon 1996 publiziert“, erinnert Bytof.
Okay also keine schillernde Neuheit am TikTok-Himmel? Aber was macht Salz denn nun chemisch im Kaffee? Neutralisiert es wirklich die Bitterstoffe? Dazu machen wir einen kleinen Exkurs in die Welt des Schmeckens.
„Es gibt nach derzeitiger Sichtweise fünf Grundformen des Schmeckens: süß, sauer, salzig, bitter und umami*. Für jede dieser Geschmacksempfindungen haben wir auf der Zunge Papillen mit Rezeptoren, die einen Geschmacksreiz an das Gehirn weitergeben. Und in der Tat ist es so, dass sich mehrere Geschmackseindrücke gegenseitig zurückdrängen können.“
Offenbar blockiert das Natrium teilweise die Bitterstoffrezeptoren. „So weit, dass die Bitterkeit komplett neutralisiert wird, geht das allerdings nicht“, sagt Bytof.
Unser Gehirn sagt uns, was die Zunge schmeckt
Und wie sieht es mit den Kaffeearomen aus? Nicht wenige TikTok-Videos versprechen, dass sich mit einer Prise Salz Kaffeearomen besser entfalten können.
„Diese Frage könnte man wahrscheinlich mit ja beantworten. Schmecken ist eine Gemeinschaftsleitung von Gehirn und Geschmackspapillen. Schmeckt unser Kaffee durch die Prise Salz für uns weniger bitter, eröffnet das womöglich den Platz, um das Kaffeearoma besser wahrzunehmen.“
Unser Gehirn teilt uns also mit, was die Zunge schmeckt. Bytof sagt aber auch: „Wir dürfen nicht vergessen, dass wir dabei stets von Stimmungen, Vorwissen und Erwartungen beeinflusst sind.“
Eine Prise Salz reicht aus
Aber wie viel Salz muss denn nun in die Tasse Kaffee? „Am besten eine Prise Salz in den Filter geben. So haben wir es früher schon immer gemacht“, erzählt Bytof. Wichtig sei vor allem, dass man es nicht schmecken kann. Der Kaffee habe keinen eigenen Salzgeschmack und den solle er auch nicht bekommen. „Dann lieber den bitteren Geschmack, denn der gehört schließlich in den Kaffee“, findet Bytof.
Eine Prise Salz im Kaffee kann also tatsächlich dazu führen, dass Kaffee weniger bitter schmeckt und Aroma besser wahrgenommen wird. Zwar ist das, was TikTok uns hier als Neuheit verkauft, schon fast 30 Jahre lange bekannt, wer es aber trotzdem noch nicht kennt, kann es ruhig mal ausprobieren.
Wie der Geschmackstest für Karina und Dr. Bytof lief und ob die beiden nun zukünftig lieber zum Salz als zum Zuckerstreuer greifen, erfahrt ihr in der neuen Folge „5 Tassen täglich“:
Nicht nur Salz im Kaffee liegt im Trend: Schon mal was von Kaffee mit Zitrone gehört? Noch nicht, dann hör doch mal in Folge 54 rein.
*Anmerkung der Redaktion: Das ist japanisch und beschreibt den Geschmack von Glutamat.