Mensch & Verantwortung
Zur Sicherung unserer Kaffeeversorgung

Netzwerk Kaffeezucht gegründet

Direkt aus Costa Rica: Hanna Neuschwander (WCR) und Pablo von Waldenfels (Tchibo)

Wird die Klimakrise die weltweite Versorgung mit hochwertigem Kaffee zunichte machen? Um das zu vermeiden braucht es viel Forschung bzw. die Agrarwissenschaft. Hier kommt für uns World Coffee Research (WCR) ins Spiel, eine gemeinnützige landwirtschaftliche Forschungsorganisation, die aus mehr als 200 Kaffeeunternehmen aus 30 Ländern besteht. Bei WCR wird nach innovativen und pragmatischen Lösungen für einen nachhaltigen Kaffeeanbau geforscht.

Heute gibt World Coffee Research in Costa Rica die Gründung des „Innovea Global Coffee Breeding Network“ bekannt. Innovea bringt kooperierende Länder zusammen, um die globale Kaffeezüchtung zu transformieren und das Tempo der genetischen Verbesserung zu beschleunigen.

Tchibo ist nicht nur Mitglied von World Coffee Research, sondern auch im Board durch unsere Kollegen Pablo von Waldenfels, Director Corporate Responsibility, vertreten. Ich sprach mit Pablo und Hanna Neuschwander, Direktorin für Strategie und Kommunikation bei World Coffee Research, über Superpflanzen, Saatgut, Züchtungsprogramme, Gentechnik, kurz - die Zukunft unseres Kaffees!

Gründung der Breeding Factory

Pablo, warum ist für uns die Arbeit des WCR so wichtig?

Pablo von Waldenfels: Wichtig für unsere Zukunft ist die Entwicklung von Kaffeesorten, die sich an veränderte Wetterbedingungen aufgrund des Klimawandels anpassen. Abgesehen von World Coffee Research gibt es keine Organisation, die das wirklich kann, und deshalb haben wir gesagt, OK, wir müssen uns mit anderen Unternehmen zusammentun. Wir sind davon überzeugt, dass dies der richtige Weg ist.

Hanna, wie funktioniert eure Arbeit? Seid ihr Biologen und Wissenschaftler und studiert die Kaffeepflanzen bis in die kleinste DNA?

Hanna Neuschwander: Wir sind eine sehr praktische Forschungsorganisation. Wir konzentrieren uns nicht auf wissenschaftliche Fragestellungen, wie es eine Universität tun könnte. Wir sind sehr produktorientiert. Es geht darum, neue und bessere Pflanzen in die Hände der Farmer zu bringen. Unsere Arbeit beginnt dort, wo die Kaffee-Lieferkette startet, nämlich bei der Pflanze und dem Samen. Wir sind eine relativ kleine, aber globale Organisation, die sich darauf konzentriert, neue Sorten zu entwickeln und sie für Landwirte in Schlüsselregionen auf der ganzen Welt verfügbar und zugänglich zu machen. Und dieses neue kollaborative globale Zuchtprogramm startet heute!

Warum ist es für Tchibo so wichtig, wissenschaftlich auf dem Laufenden zu bleiben? Wir sind keine Kaffeefarmer. Wir sind Röster.

Pablo von Waldenfels: Die Zukunft unseres Unternehmens hängt davon ab. Wenn wir eine langfristige Versorgung mit Kaffee in guter Qualität zu angemessenen Preisen und Mengen sicherstellen wollen, brauchen wir die Unterstützung der Wissenschaft, um die Sorten der Zukunft zu entwickeln.

Hanna Neuschwander: Wenn Sie mal an frisches Gemüse oder Obst denken, das Sie im Lebensmittelgeschäft kaufen - all diese Produkte stammen aus Saatgut. Sie sind das Ergebnis wissenschaftlichen Engagements in unserem Ernährungssystem – und Kaffee ist sehr weit hinter anderen Nahrungspflanzen zurück. Was wir versuchen ist, etwas von dem, was die moderne Wissenschaft anderen Pflanzen ermöglicht hat, in Kaffee zu bringen.

Vor welchen Herausforderungen steht die Kaffeewelt? Wie wird WCR mit Röstern wie Tchibo auf diese Herausforderungen reagieren?

Hanna Neuschwander: Wetter, Krankheiten und der Marktpreis - das sind die drei Herausforderungen. Es spielt keine Rolle, was Sie anbauen. Mit diesen Herausforderungen muss sich jeder Landwirt auseinandersetzen. Ich denke, die schwerste Krise, mit der die Landwirte auch kurzfristig konfrontiert sind, ist der Klimawandel. Landwirte tragen ein hohes Risiko. Durch die Entwicklung neuer und besserer Pflanzen können wir den Farmern also Werkzeuge anbieten, die ihnen helfen, sich an diese sich ändernde Realität anzupassen. Wenn man eine Pflanze hat, die hitzetolerant ist, oder eine Pflanze, die tolerant gegenüber einer Krankheit ist, die in deinem Gebiet aufgetaucht ist, (und die es dort vorher nicht gab), dann hat man eine Chance. Was wir tun ist mehr Sorten zu schaffen, und somit mehr Werkzeuge für Farmer, um ihre Herausforderungen meistern zu können.

Ihr suchst also die Superpflanze?

Hanna Neuschwander: Es gibt keine Wunderwaffe. Es gibt keine einzige Pflanze, die mit allen Problemen in allen Ländern fertig wird. Farmer brauchen Optionen. Sie brauchen viele Optionen. Es geht also darum, eine Vielfalt verschiedener Sorten mit unterschiedlichen Eigenschaften zu haben, die für unterschiedliche Situationen nützlich sind. Ein Bauer in Uganda steht nicht vor den gleichen Herausforderungen wie ein Bauer in Guatemala, also brauchen sie andere Optionen.

Sie sprechen von vielen Arten. Es gibt also mehr als Arabica und Robusta?

Hanna Neuschwander: Es gibt ungefähr 130 bekannte Kaffeearten in der Kaffeefamilie – wir trinken zwei davon, wir bauen zwei davon kommerziell an, Arabica und Robusta. Innerhalb dieser Arten gibt es viele Variationen. Auf der Ebene innerhalb der Art können Sie nach verschiedenen Merkmalen züchten oder selektieren.

Spielt Gentechnik beim Kaffeeanbau eine Rolle?

Hanna Neuschwander: Das Interesse der Verbraucher an gentechnisch verändertem Kaffee ist gering. Aus diesem Grund haben wir eine Richtlinie gegen die Entwicklung von gentechnisch verändertem Kaffee. Aber: Wir leben im Goldenen Zeitalter der Genetik und können viel über Kaffee lernen. Wir können viel mit unserem Wissen über Kaffeegenetik tun, um effizienter neue Sorten zu schaffen, ohne tatsächlich genetische Veränderungen einzusetzen.

Haben wir in 50 Jahren noch eine Zukunft für unsere Kaffee?

Hanna Neuschwander: Ich denke ja. Das Schöne an der Wissenschaft ist, dass sie sehr optimistisch ist. Es geht darum, Herausforderungen anzugehen und neue Möglichkeiten und neue Wahlmöglichkeiten zu schaffen. Wenn wir uns nicht engagieren, wenn wir diese Arbeit jetzt nicht machen, dann wäre die Antwort allerdings nein. Aber wir tun es, und Unternehmen wie Tchibo helfen sehr, um dies zu ermöglichen.